Prenzlauer Berg - «Wer hat vier Tatzen? Wer kann kratzen?
Wer kann flitzen? Wer mag auf dem Sofa sitzen?», möchte der kleine
grüne Dinosaurier Niko in der «Kunterbunt Fibel» wissen. Wenn das
Maskottchen des Lesebüchleins, das die Erstklässler der
Odense-Grundschule durch das Schuljahr begleitet, auf Seite 62 die
Anwort bekommt, ist der allmorgendliche Gang zur Schule längst
Routine. Ganz im Gegensatz zum Sonnabend, als sich die Knirpse samt
Eltern, Verwandten und Freunden zum ersten Mal auf den Weg zur Schule
machten.
Bereits Tage vor der Einschulung wurden für das grosse Ereignis
Vorbereitungen getroffen. Der Fußboden im Klassenraum der Neuankömmlinge
ist blitzblank gewienert, die kleinen Stühle und Bänke sind akkurat
aufgereiht und die Klassenlehrerin Heike Weiss hat schon Namenschilder
an der Tafel angebracht.«Jedes Kind soll sein Schild erkennen und vor
sich auf die Bank stellen.», sagt die Pädagogin.
Dieser Tag ist auch für Frau Weiss etwas Besonderes, obwohl sie
schon seit 21 Jahren im Schuldienst tätig ist. «Es macht mir nach
wie vor Spass, mich mit Kindern zu beschäftigen und jedes Jahr ist
eine neue Herausforderung, vor allem wenn man eine erste Klasse übernimmt.»
Auch bei der sechsjährigen Maxi Strümpf wurden vorige Woche
letzte Vorbereitungen für den Beginn des neuen Lebensabschnitts
getroffen. «Kuck, das sind meine Kleider, die ich am ersten Tag
anziehe» sagt Maxi und deutet mit dem Zeigefinger auf eine knallrote
Hose und eine weiße Bluse, die fein säuberlich über einem Bügel an
ihrem Schrank hängen. Natürlich hat sich die Kleine auch schon
Gedanken darüber gemacht, was sie in der Schule tun will. «Ich will
schön malen lernen, halb-schön malen kann ich schon, und ich will
endlich rechnen und schreiben», bestimmt sie ganz energisch.
Während das blonde Mädchen in bedenklicher Schieflage auf der
Sofalehne wippt, berichtet Mutter Carola Strümpf über die
Feierlichkeiten nach der Einschulung. «Wir gehen essen zu Leopold's
und fahren am Nachmittag zu meinen Eltern nach Buckow, wo es dann
Kaffee und Kuchen gibt.»
Für Oma und Opa Strümpf ist die Einschulung ihrer Enkelin wie ein
Spaziergang durch die Vergangenheit. Denn vor 24 Jahren nahmen sie
Maxis Mutter an die Hand und brachten sie ebenfalls zur Grundschule an
der Schönfließer Strasse. Auch sie lernte schon bei Heike Weiss.
Bei Yara Liedtke (6) war von Nervosität und Spannung auf den
grossen Tag noch nichts zu spüren. Es gab Wichtigeres zu tun. Zum
Beispiel sich mit Freundin Lisa hinter dem Türrahmen zur Küche zu
verstecken, um kurz reinzublinzeln und danach wieder kichernd zu
verschwinden. «Yara ist noch ganz cool», sagt Mutter Daniela
Liedtke, «sie ging ja schon zur Vorklasse in die Odense-Schule.
Deshalb wird die Umstellung nicht so gross sein.»
Ob sie schon einen Ranzen hat? «Ja natürlich», bestätigt Yara
und kurze Zeit später steht eine riesige Schultasche, bedruckt mit
Koalabären und «Winzblaukängurus» auf dem Küchenboden. «Winzblaukänguru?»
«Ja klar, ein winziges blaues Känguru», erklärt sie und packt aus:
Turnbeutel, Mäppchen, Brustbeutel. Alles im selben Design. Dann kann
ja ab heute, wenn es dann ernst wird in der Schule, nichts schiefgehen.