Der Wunschbrunnen
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Berliner Zeitung am 9.10.1999

Der Wunschbrunnen

Was drei Musikanten zu unverhofftem Reichtum kamen

Es lebten einmal drei junge Männer. Sie waren sehr arm, aber jeder besaß ein Instrument. Sie zogen von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf und erfreuten die Menschen mit ihrer Musik. Jakob spielte Flöte, Paul war Trommler und Andi blies dazu auf der Mundharmonika. Wenn sie vor den Leuten musizierten, tanzten manche von ihnen gar, und viele kleine Münzen fielen in ihren Hut.

Die drei Freunde waren zufrieden mit ihrem Leben und glücklich mit ihrer Musik. Es tat ihnen gut, sich und andere zu erfreuen. Das war auch kein Wunder, denn sie fühlten sich beim Musizieren beschützt von kleinen geflügelten Elfen.

Auch die Elfen waren entzückt vom Spiel der drei Musikanten. Darum beschlossen die Elfen eines Tages, die drei zu belohnen. Sie schickten ihnen einen sprechenden Vogel als Boten. Er sollte ihnen ausrichten, was der Rat der Elfen beschlossen hatte. In seinem Schnabel trug der Vogel drei weiße Kieselsteine für Jakob, Paul und Andi.

Der Vogel musste auch nicht lange suchen, um die drei Musikanten zu finden, die mal wieder unter einer Linde in einem kleinen Dorf spielten.

Lautlos schwebte er auf einen Ast, ließ die Kieselsteine aus seinem Schnabel fallen und sprach: "Nehmt diese Steine und geht von hier aus zehn Schritte östlich, dann dreißig Schritte in südlicher Richtung. Dort werdet ihr einen Brunnen finden, der bis zum Grund ausgetrocknet ist. Lasst eure Kieselsteine in den Brunnen fallen, so wie die Leute ihre Münzen in euren Hut werfen."

Kaum hatte der Vogel gesprochen, flog er wieder fort und ließ die Freunde allein zurück.

Jakob, Paul und Andi nahmen ihre Kieselsteine und taten, wie der Bote gesagt hatte. Zuerst warf Jakob, dann Paul und schließlich Andi seinen Kieselstein in den Brunnen.

Da hörten sie eine Stimme aus dem Schacht rufen: "Als ich schlief, traf mich drei Mal ein weißer Elfenstein. Wer mich geweckt aus tiefem Schlaf, der hat einen Wunsch frei."

Die drei Freunde trauten ihren Ohren nicht. Doch dann sagten sie rasch ihre Wünsche auf.

Jakob wollten unendlich reich sein. Paul wünschte sich ein Schloss mit allem Drum und Dran. Andi schließlich wollte ein Herrscher sein und tun und lassen können, was ihm beliebte.

Der Zauber begann sofort zu wirken. Jeder bekam, was er sich am Brunnen gewünscht hatte. Ihre Freundschaft ging darüber in die Brüche, denn sie vernachlässigten ihre Instrumente und spielten auch nicht mehr für die Leute.

An ihrem Reichtum ließen sie niemanden teilhaben. Sie nutzten ihre Macht für Zwistigkeiten. Wer ihnen in die Augen sah, bemerkte darin kalten Hass.

Die Elfen sahen sich das eine Zeit lang mit an. Dann beschlossen sie erneut, den Vogel als Boten zu Jakob, Paul und Andi zu schicken. Dieses Mal trug er drei schwarze Kiesel im Schnabel. Der Vogel bat die drei noch einmal zum Brunnen zu gehen, um mit den Steinen ihr Glück zu versuchen. Das ließen sich diese nicht zwei Mal sagen, denn sie glaubten nichts anderes, als sich nun noch mehr wünschen zu dürfen. Einer nach dem anderen warf seinen schwarzen Kieselstein hinab in den Brunnenschacht und sagte gierig seinen Wunsch. Doch nichts geschah.

Plötzlich sahen sie sich erneut in ihrer alten Kleidung. Aller Glimmer und Glanz war von ihnen abgefallen, und sie konnten sich nur noch schwer an ihren einstigen Wohlstand erinnern. Dafür hielten sie wieder ihre Instrumente in der Hand.

Jakob, Paul und Andi besannen sich nicht lange.

Sie sahen den Vogel der Elfen davonfliegen und begannen zu musizieren: Sie bemerkten, wie sich die Leute um sie scharten und sich freuten, denn mancher von ihnen begann zu tanzen. In ihren Hut fielen wieder kleine Münzen. Die drei Freunde glaubten sogar hoch in den Lüften die Elfen zu erblicken, die wieder als Schutzgeister über sie wachten.

Keiner der drei trauerte dem entschwundenen Reichtum nach, denn sie waren mit ihrer Musik sehr glücklich.

ZUR GESCHICHTE // Schüler von 5. Klassen aus über 140 Berliner Schulen haben sich auch in diesem Jahr Märchen ausgedacht und zu einem Wettbewerb eingeschickt, den die Neue Gesellschaft für Literatur veranstaltet. Die besten wurden im September von einer Jury ausgewählt. Aus jedem Stadtbezirk wurde eine Geschichte ins "Märchenbuch Berliner Kinder" aufgenommen.

Mit ihrem Märchen "Der Wunschbrunnen" belegte die Klasse 5 b der Odense-Grundschule in Berlin-Prenzlauer Berg den dritten Platz.